Nachreifung von Whisky mit Soak Staves:

 

Vor einiger Zeit bekam ich eine Email aus Innsbruck. Darin wurde mir angeboten, dass ich, falls ich das denn möchte, eine Packung sogenannter Soak Staves geschickt bekommen könnte. Als ungebildeter Wurm, der ich in viel zu vielen Bereichen bin, wusste ich nicht so ganz, was Soak Staves sind. Whisky soll man damit nachreifen können. Da wurde ich hellhörig, vor allem, da das letzte Fassnachrifungsexperiment gründlicher nicht in die Hose gehen hätte können.

Als Freund jeglicher Experimente, die mit Riechen, Schmecken und Entdecken zu tun haben, war ich natürlich gleich angefixt. Dann auch noch mit Whisky, Volltreffer!

Nun also schreibe ich über diese Soak Staves, zugesägte Holzstücke aus Fassdauben, die wiederum zuvor mit Rum, Peated oder Sherry Whisky belegt waren.

Zur Nachreifung kam mir sofort die Glenallachie Distillery Edition in den Sinn. Der war damals ein wenig unspektakulär aber mit viel Potenzial. Ich denke die einzelnen Einflüsse lassen sich bei diesem Whisky sehr gut nachvollziehen. Hier die damalige Tasting Note:

 

Bewertung: 3,0 von 5 Punkten,

Momentaner Preis: 23

Aroma: Frische Äpfel, Getreidenoten, etwas Vanille und ein kleiner Holzbalken aus 10cm Entferunng. Im Hintergrund eine seichte minzige Frische, ein Gramm Nougat und eine Kokosraspel.

Geschmack: Etwas wässrig. Zuckersüße, dann würzige und leicht bittere Eiche, ein wenig Ingwer und eine klitzekleine Zitronenscheibe begleitet das Ganze.

Abgang: Kurz. Malz, Äpfel, Zuckerrohr und wieder dieser Holzbalken, auf dem eine kleine Zitronenscheibe liegt.

Kommentar: Unspektakulär und etwas einfach, aber stimmig und harmonisch. Ein wenig sprittig in der Nase und auch im Mund. Kann gerade so ohne Eis getrunken werden.

 

Einen kleinen Rest hab ich in der Flasche aufgehoben, sodass ich in gut 2 Wochen einen direkten Vergleich habe. Links im Bild ist die Daube mit Peated Vorbelegung, in der Mitte die Daube mit Rum Vorbelegung und rechts die mit Sherry Vorbelegung.  Jetzt kann ich nichts mehr tun, außer ab und an mal die Flaschen zu schütteln und zwei Wochen zu warten.

Nachreifung von Whisky im selbstpräparierten 3 Liter Sherryfass:

 

Hintergrund:

Nach 2 Jahren des intensiven Whiskytastens und Whiskybloggens war die Basis gelegt um im Selbstversuch verstehen zu können, welchen Einfluss die Nachreifung im Fass auf den Inhalt hat.

Dazu wurde ein 3 Literfass aus deutscher Eiche in der Küferei Streib in Mössingen gekauft. Die Anschaffung kostete 105€. Das Fass war leicht getoastet.

 

Ziel:

Das Ziel soll sein, die Fassaromen präziser identifizieren und beschreiben zu können. Anhand der Reifung des Sherrys und des Whiskys kann Etappenweise nachvollzogen werden, welchen Einfluss sowohl die Zeit, als auch das Fass auf den Geruch und Geschmack haben.

 

 

Vorgehensweise:

Schritt 1 (Wässern):

Vor der Benutzung des Fasses muss dieses mit Wasser befüllt werden. Dadurch werden Rückstände vom Bau und vom Toasten, und die für die Whiskynachreifung viel zu intensiven Fassaromen extrahiert, bevor der Whisky ins Fass kommt. Beim Wässern wird das Fass mit heißem Wasser befüllt und einen Tag stehen gelassen. Anschließend wird das Fass entleert, mit kaltem Wasser befüllt und abermals für zwei Tage stehen gelassen. Dieser Vorgang wird noch zwei Mal wiederholt. Durch das Wässern füllen sich die Poren des Fasses mit Wasser, es quillt auf. Ein leichtes Lecken zu beginn ist normal, dieses wird mit der Zeit weniger und nimmt schlussendlich ganz ab.

 

Schritt 2 (Sherryreifung):

Weil Whisky aus einem 3 Literfass aus deutscher Eiche aufgrund des Oberflächen- Volumenverhältnisses viel zu schnell reift und der Einfluss des Holzes auf den Whisky somit zu stark wird, soll das Fass zuerst für 1 Jahr mit Sherry befüllt werden. Dadurch werden die intensiven Fassaromen nochmals abgemildert und gleichzeitig kann der Whisky später Sherryaromen aufnehmen. Befüllt wurde das Fass mit Sandemann Sherry Medium Sweet. Dieser ist mit 6,95€ bezahlbar, überall verfügbar und geschmacklich zufriedenstellend. Durch die Nachreifung im Eichenfass kommt bereits aus dem Fass eine zusätzliche Süße in den Whisky, deshalb sollte der Sherry nicht zu süß oder zu harzig sein. Der Sherry wurde am 01.06.2018 ins Fass gefüllt. Da aus dem Fass ständig Alkohol und etwas Wasser verdunstet, wird es in unregelmäßigen Abständen wieder vollständig mit Sherry befüllt, sodass es vollständig befeuchtet ist.

Wir haben uns bewusst für einen Sherryausbau entschieden, da bei der Alternative mit Portwein die Gefahr besteht, dass die Aromen zu intensiv werden und der Whisky dadurch sehr nach altem Dachboden schmeckt. Diese Gefahr besteht bei Sherry weniger, und wahrscheinlich auftretende Dysbalancen fallen nicht so stark ins Gewicht.

 

Schritt 3 (Sherryausbau):

Um den Whisky sinnvoll im Keller nachreifen zu können benötigt man milde Temperaturen. Bei bis zu 20°C im Sommer, ist dies nicht möglich. Zu viel Whisky würde verdunsten und die Nachreifung ginge zu schnell von statten. Deshalb wird der Sherry erst nach ca. einem Jahr in den Herbst- und Wintermonaten aus dem Fass entnommen und durch Whisky ersetzt. Die herbstlichen Temperaturen sollten gut zur Whiskyreifung geeignet sein.

 

Sherry Tasting Notes:

Sandemann Sherry Medium Sweet: Fruchtig, leicht sauer, etwas nussig.

Sandemann Sherry 1 Monat im Fass: Milder und weniger fruchtig, deutlich süßer und mehr Vanille, etwas holzig.

Sandemann Sherry 2 Monate im Fass: Frisch gesägte Holzdielen, dahinter Eichenwürze und Tannine. Weit entfernt Vanille, kaum mehr wahrnehmbare Frucht, etwas bitter und trocken.

Sandemann Sherry 1 Jahr im Fass: Insgesamt gut trinkbar und relativ komplex. Die Eiche knallt aber hin und wieder durch die Decke. Die frischen Holzdielen und Politurnoten sind reiferen und angenehmeren Eichentönen gewichen. Rosine, Haselnuss und viel Vanille in der Nase. Dahinter Gewürze und schwarze Johannisbeere. Brombeergelee, Sauerkirschsirup und Zartbitterschokolade bestimmen den Geschmack. Der Abgang ist lang mit Beerenfrüchten und dunkler Schokolade. Diese werden des öfteren von deutlicher Eichenwürze durchdrungen.

 

UPDATE: Der Sherry wurde etwas mehr als 1 Jahr im Fass im Wohnzimmer gelagert, um eine schnelle Reifung und Wechselwirkungen zwischen Fass und Inhalt zu fördern. Dabei verdunsteten insgesamt 2,1 Liter Sherry als Angels Share. Im Fass zurück blieben ebenfalls 2,1 Liter. Dieser wurde am 08.09.2019 aus dem Fass entnommen.

Anschließend wurde das Fass mit 4 Flaschen Ileach Peated Cask Strength befüllt. Dieser besitzt mit 58 Vol. % Fassstärke genug Alkohol, damit der Whisky auch nach längerer Reifung noch über den gesetzlich vorgeschriebenen 40 Vol %  liegt. Außerdem ist er ebenfalls wie der Sandemann Sherry überall verfügbar und mit ungefähr 33€ sehr preiswert. Zusätzlich hat der Whisky mich vor kurzem sehr positiv überrascht. Die relativ starken Raucharomen werden über die Zeit abnehmen. Ich nehme an, dass die Aromen aus dem Sherryfass sich gut in die Aromen des Whiskys integrieren und im besten Falle ein harmonisches Ganzes bilden. Falls dem nicht so ist, wurde ein freakiger Lagavulin oder Laphroaig mit Sherryausbau kreiert, was von beiden Destillen sehr selten bis gar nicht released wird und daher eine spannende, weil unbekannte Kombination darstellt.

 

Ileach Peated Cask Strength im 3 Liter Sherryfass nach 5 Wochen:

 

Nase: Mittelstarker Lagerfeuerrauch mischt sich mit Leder und Röstaromen (genauer schwäbische Bretzeln frisch aus dem Ofen). Dann Räucherschinken. Plötzlich erscheint eine prägnante Orangeatnote, die von Wiesenkräutern begleitet wird. Hinter allem schwebt Vanille, etwas Iod und Schokolade.

Geschmack: Leicht salzig. Süße Fruchtmarmelade, dann Maracujasaft.

Abgang: Dezenter Rußrauch, wieder etwas Maracuja. Malz, Kräuter und Orangeat klingen aus.

 

 

Ileach Peated Cask Strength im 3 Liter Sherryfass nach 8 Wochen:

 

Nase: Etwas Lagerfeuerrauch begleitet von süßlicher Vanille und maritimen Noten. Dazu etwas Leder. Dann zeigen sich süße Rosinen und Beerenfrüchte die mit Zitrusfrüchten um die Oberhand streiten. Hinter allem Schokolade und Datteln.

Geschmack: Wirklich salzig. Es folgt Pfeffer und saurer Maracujasaft, der von Zitronat und Bittermandeln begleitet wird.

Abgang: Lang. Kohlerauch der sich mit Orangeat mischt. Malz, Rauch und Kräuter klingen aus.

 

 

Ileach Peated Cask Strength im 3 Liter Sherryfass nach 10 Wochen:

 

Nase: Volle und fruchtige Nase. Leichter Holzrauch, Spekulatious, Orangeat, getrocknete Orangenscheiben, etwas Lakritz und Minze. Dann viele Bretzeln, begleitet von etwas Iod und Kräutern. Kohlensäure hinter allem.

Geschmack: Sehr salzig. Pfeffer, Bretzeln und Orangenlikör, Zitronensaft. Eindrücke von säuerlichem, selbstgeräuchertem Rauchfleisch.

Abgang: Lang. Rußrauch, entfernt Orangen, etwas Eiche und Ricola- Kräuter. Das alles klingt aus. Überall schwingt eine Zitrone mit.

 

 

Ileach Peated Cask Strength im 3 Liter Sherryfass nach 13 Wochen:

 

Nase: Rußrauch paart sich mit Orangenblüten, dann Schokolade und Sauerkirsche. Leder und Gunpowder- Tee mischen sich hin und wieder dazu. Dann Bretzeln und Kräuter. Das alles wird ständig begleitet von Vanille und Zuckerwattenoten.

Geschmack: Ölig und vollmundig. Sehr fruchtig. Dann Salz und später Zitronensaft. Lakritznoten schwingen ständig mit, als hätte man ein Stück in den Backen versteckt.

Abgang: Lang. Rußrauch und getrocknete Orangenscheiben begleitet von Nougat- Eichennoten und einem kleinen Büschel Kräuter.

 

 

Ileach Peated Cask Strength im 3 Liter Sherryfass nach hoppala zu vielen Wochen:

 

Nase: Rauch, Kohle und Ledersattel bei 40°C in der Präriesonne. Jede Pore des Pferdes und des Menschen transpiriert maximal. Eine CSCL Globe (weltgrößtes Konatinerschiff der Welt) voll beladen mit Walnüssen. Dazu Karamell, etwas Klebstoff, Schokolade, Datteln. Dann immer mehr Heilkräuter.

Geschmack:  Ölig, Kirschmarmelade, megatrocken, wie die Wüste Gobi. Speichel ade!

Abgang: Lang. Brennender Blätterhaufen und ein Swimming Pool voll Politur. Daneben brennt ein Gummireifenhaufen. *würg, würg, würg*

Kommentar: Ein sophistizierter Weg, um 130€ geilen Whisky in Brechmittel zu verwandeln. Schade Tomate!